Käthe Kollwitz: Der soziale Blick ~ APK-STARS

Käthe Kollwitz: Der soziale Blick

Käthe Kollwitz: Der soziale Blick

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1898 machte der Graphikzyklus "Ein Weberaufstand" Käthe Kollwitz auf der "Großen Berliner Kunstausstellung" auf einen Schlag bekannt. Max Liebermann war so beeindruckt, dass er vorschlug, die junge Künstlerin mit einer Medaille auszuzeichnen. Kaiser Wilhelm lehnte ab: Eine Ehrung dieses Ranges sei Männern vorbehalten. Außerdem fand der Monarch wenig Gefallen an den Bildern, die das Leid der Armen in den Fokus nahmen. Das kaiserliche Desinteresse hat Käthe Kollwitz nicht gehindert, ihren Weg zu gehen und eine der bedeutendsten Graphikerinnen und Bildhauerinnen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu werden. Vor 150 Jahren wurde Käthe Kollwitz geboren.
Wer im Internet nach Fotos von Käthe Kollwitz sucht, findet Portraits einer älteren Frau. Mit zurückgesteckten Haaren und einem Gesicht, das von Trauer gezeichnet ist. Wenig in diesen Zügen erinnert an die lebenslustige Künstlerin, die Ende der 1880er Jahre noch Käthe Schmidt hieß und an der Münchner "Damenakademie" studierte.
Das Leben in München war anregend und beglückend. Der freie Ton der 'Malweiber' entzückte mich.Käthe Kollwitz

"Ich bin ja gar keine Malerin"

Künstlerinnen hatten die Akademie in einer Selbsthilfeaktion gegründet, weil ihnen der Zugang zu staatlichen Hochschulen verwehrt war. Käthe genießt das Künstlerleben. Sie feiert, trinkt, hat Liebschaften - und fragt sich, ob es eine gute Idee war, sich in ihrer Königsberger Heimat so früh mit dem Medizinstudenten Karl Kollwitz zu verloben.
In der Malklasse kam ich aber nicht vorwärts. Die Kolleginnen waren viel begabter für die Farbe als ich. Doch dann las ich zufällig die Broschüre 'Malerei und Zeichnung'. Da merkte ich: Ich bin ja gar keine Malerin.Käthe Kollwitz
Viel geschickter als mit dem Pinsel geht sie mit Zeichenstift, Kohle und Radiernadel um. Ihre große Stärke liegt in der Reduktion auf das Wesentliche: Mit wenigen Strichen fängt sie Körperhaltungen und Gesichtszüge ein. Freude und Hoffnung, Furcht und Zorn. Ihre Modelle findet sie im Berliner Armenviertel "Prenzlauer Berg", wo ihr Mann sich nach der Hochzeit als Arzt niederlässt.hej!

Der Verlust ihres Lebens

Schonungslos realistisch bringt Käthe Kollwitz zu Papier, was Armut und Arbeitslosigkeit, Suff und Krankheit aus Menschen machen.
Nicht Mitleid zog mich anfänglich zur Darstellung des proletarischen Lebens, sondern, dass ich es einfach als schön empfand.Käthe Kollwitz
Undatierte Aufnahme der deutschen Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz. © dpa Bilderdienste
Den Tod ihres Sohnes Peter an der Front hat Käthe Kollwitz nie verwunden.
Die virtuos gestalteten Graphiken verhelfen ihr schon bald zu Ansehen und Ruhm. Eine glänzende Zukunft scheint absehbar. Zumal die Künstlerin - anders als viele Kolleginnen - in gesicherten Verhältnissen lebt und Beruf und Mutterschaft verbinden kann. Doch dann kommt der Erste Weltkrieg. Wie viele junge Männer will auch Peter, der jüngere ihrer beiden Söhne, an den glorreichen Siegen teilhaben, die ihnen die Kriegspropaganda verspricht. Als sein Vater ihm verbietet, sich als Freiwilliger an die Front zu melden, überredet Käthe Kollwitz ihren Mann, den Jungen ziehen zu lassen. 10 Tage später ist Peter tot.
1914: Das Jahr, in dem mich der schwerste Schlag meines Lebens traf. In unser Leben ist ein Riss gekommen, der nie wieder heil wird.Käthe Kollwitz

Wirken über den Tod hinaus

Daran vermögen auch die beruflichen Erfolge, die Auszeichnungen und 1919 ihre Ernennung zur ersten Professorin an der Preußischen Akademie der Künste nichts zu ändern. Aus der Trauer um den Sohn wächst aber auch ihre Entschlossenheit, mit Bildern und Skulpturen für eine friedlichere Welt zu kämpfen:
Ich will mit meiner Kunst, so lange ich arbeiten kann, wirken.Käthe Kollwitz
Erst, als die Nationalsozialisten ihr Werk als "entartet" verfehmen, zieht sie sich in die Innere Emigration zurück. Das Ende der Diktatur erlebt sie nicht mehr. Im April 1945 stirbt Käthe Kollwitz an ihrem Rückzugsort in Sachsen. Die Wirkung ihrer Kunst zu brechen, gelingt den Nazis nicht. Bis heute führen ihre Bilder und Skulpturen vor Augen: Die Front ist kein Schauplatz für Helden, sondern ein Ort, wo Söhne, Ehemänner und Geliebte den Tod finden.
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